
In der Paarberatung begegnen mir immer wieder Situationen, in denen ein Partner glaubt, der andere sei untreu. Dieser Verdacht kann wie ein Schatten über der Beziehung liegen, unabhängig davon, ob er sich später bestätigt oder nicht. Was zählt, ist die emotionale Realität, die dieser Gedanke auslöst: Unsicherheit, Angst, Wut, Traurigkeit...
Wenn ein Mensch mit diesem Verdacht lebt, ist es wichtig, ihn nicht zu verdrängen, sondern in einem geschützten Rahmen auszusprechen. Nicht als Vorwurf, sondern als Ausdruck innerer Not. Ein Gespräch kann helfen, Klarheit zu gewinnen, nicht unbedingt über Fakten, sondern über Gefühle, Bedürfnisse und Wahrnehmungen.
Oft zeigt sich, dass hinter dem Verdacht mehr steckt als nur ein konkreter Anlass. Vielleicht ist das Vertrauen schon länger erschüttert. Vielleicht gibt es ungelöste Konflikte oder ein Gefühl von Entfremdung. Manchmal ist der Verdacht auch ein Spiegel früherer Erfahrungen oder eigener Ängste.
Wenn beide Partner bereit sind, sich dem Thema offen zu stellen, kann daraus ein ehrlicher Dialog entstehen. Es geht nicht darum, Schuld zu verteilen, sondern darum, sich gegenseitig zu verstehen. Was fehlt in der Beziehung? Was braucht es, damit Nähe und Vertrauen wieder wachsen können?
Und selbst wenn sich der Verdacht bestätigt, ist das nicht zwangsläufig das Ende. Viele Paare entscheiden sich bewusst dafür, gemeinsam einen Weg der Heilung zu gehen. Das braucht Zeit, Geduld und oft professionelle Begleitung. Aber es ist möglich.
In jedem Fall ist es wichtig, gut für sich selbst zu sorgen. Gespräche mit einer neutralen Person, wie einer Beraterin, können helfen, die eigenen Gedanken zu sortieren und emotionale Stabilität zu finden. Denn nur wer sich selbst gut spürt, kann auch klarer sehen, was in der Beziehung geschieht.