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Mehr Nähe - nur wie?

Nähe in Beziehungen ist ein zentrales Bedürfnis vieler Menschen – und doch erleben wir sie oft als herausfordernd. Warum fällt es uns so schwer, uns wirklich auf Nähe einzulassen, obwohl wir sie uns wünschen?

Ein Grund liegt in unseren frühen Bindungserfahrungen. Schon in der Kindheit lernen wir, wie sicher oder unsicher Nähe ist. Wer erlebt hat, dass emotionale Nähe mit Zurückweisung, Unzuverlässigkeit oder gar Schmerz verbunden war, entwickelt oft Schutzmechanismen. Diese zeigen sich später in Beziehungen als Rückzug, emotionale Distanz oder das Bedürfnis nach Kontrolle. Nähe wird dann nicht als wohltuend, sondern als potenziell gefährlich erlebt.

Auch das Bedürfnis nach Autonomie spielt eine große Rolle. In einer engen Beziehung geraten zwei Grundbedürfnisse oft in Spannung: das nach Verbundenheit und das nach Selbstständigkeit. Wer sich zu sehr anpasst, verliert sich leicht selbst. Wer sich zu sehr abgrenzt, riskiert emotionale Kälte. Dieses Spannungsfeld zu navigieren, erfordert Bewusstsein und Kommunikation – beides ist nicht immer leicht.

Hinzu kommt, dass Nähe nicht nur körperlich, sondern vor allem emotional stattfindet. Sich jemandem wirklich zu zeigen – mit Ängsten, Zweifeln, Wünschen – macht verletzlich. Viele Menschen fürchten, nicht angenommen zu werden, wenn sie sich in ihrer Tiefe zeigen. Diese Angst vor Ablehnung führt dazu, dass wir uns lieber hinter Rollen, Erwartungen oder Oberflächlichkeiten verstecken. Doch echte Nähe entsteht nur dort, wo wir bereit sind, uns authentisch zu zeigen.

Ein weiterer Aspekt ist die unterschiedliche Definition von Nähe. Was für den einen ein liebevoller Blick oder ein tiefes Gespräch ist, bedeutet für den anderen vielleicht gemeinsames Schweigen oder körperliche Zärtlichkeit. Wenn diese Vorstellungen nicht übereinstimmen, kann es zu Missverständnissen kommen. Nähe wird dann nicht als verbindend, sondern als belastend erlebt.

Nicht zuletzt spielt auch die Lebensrealität eine Rolle. Stress, Zeitmangel, digitale Ablenkung – all das erschwert es, wirklich präsent zu sein. Nähe braucht Zeit, Aufmerksamkeit und ein offenes Herz. In einem hektischen Alltag bleibt dafür oft wenig Raum.

Trotz all dieser Herausforderungen lohnt es sich, an Nähe zu arbeiten. Denn sie ist der Kitt, der Beziehungen zusammenhält. Sie schenkt Geborgenheit, Vertrauen und das Gefühl, gesehen zu werden. Der Weg dorthin beginnt mit der Bereitschaft, sich selbst und den anderen ehrlich zu begegnen – mit all den Unsicherheiten, die dazugehören. Nähe ist kein Zustand, sondern ein Prozess. Und dieser Prozess darf auch mal holprig sein.

Sie möchten sich ihren Partner: in wieder annähern und wissen nicht wie? Gerne unterstütze ich Sie dabei.